Baustein zur nicht-rassistischen Bildungsarbeit
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C.4

Thema: Sprache
HINTERGRUND

C.4 Thema: Sprache ; Hintergrund

SchlagZeilen

Rassismus in der Presse

Schlagzeilen in der Presse können tatsächlich ziemliche Schlag-Kraft entfalten. Zwar bestimmen die Medien nicht die Welt, sie haben aber durchaus bedeutenden Einfluss auf vorherrschende Denkweisen. Zum einen werden bestehende Meinungen durch Aufgreifen und Wiederholen weiter verbreitet und verfestigt. Gleichzeitig wird aber auch gewissermaßen Meinung „gemacht“: Durch die Auswahl der Themen, Entscheidungen über die (Nicht-)Einstellung von Personen (der Anteil migrantischer JournalistInnen ist verschwindend gering) sowie durch die Art und Weise der Berichterstattung.

Gerade Flüchtlinge werden oft auf eine Art und Weise bezeichnet, die sie als Bedrohung darstellt. Begriffe und Formulierungen wie „Asylantenflut“, „Flüchtlingsströme“, oder „das Boot ist voll“ rufen Assoziationen zu Naturkatastrophen hervor. Flüchtlinge werden dadurch nicht mehr als einzelne Menschen dargestellt, sondern nur noch als gefährliche „Masse“. Dass dann andererseits von „abschotten“ und „eindämmen“ geredet wird, liegt in dieser Logik nahe und wird mit diesen Begriffen gleichermaßen als selbstverständliche Notwendigkeit gerechtfertigt.

So ist es kein Zufall, dass diese Art der Berichterstattung verstärkt Anfang der 90er Jahre zu beobachten war, also kurz vor der drastischen Beschneidung des Asylrechts.

In der aktuellen Situation, in der die Möglichkeiten für Flüchtlinge, in die BRD zu gelangen, extrem verringert worden sind und darum weniger Menschen einwandern, gibt es verstärkt Bilder und Formulierungen, die sich weniger auf „zu viel“ als auf „zu fremd“ beziehen. Diese vermeintliche „Fremdheit“ durch eine andere „Kultur“ (oft auch Religion, hier insbesondere der Islam) wird aber ebenso als Bedrohung dargestellt, indem von „Überfremdung“ gesprochen wird. Titelblätter wie das vom Spiegel (14.4.97), das mit „gefährlich fremd“ überschrieben war, sind ein Beispiel für diese Art der Berichterstattung.

Ein weiterer Bereich der Medienberichterstattung der negative Darstellungen von Flüchtlingen und MigrantInnen vermittelt, sind Berichte über die sogenannte „Ausländerkriminalität“. Die Bezeichnung, wie auch die in den Berichten verwendeten Begriffe wie „Rumänen-Mafia“, „Türkenbanden“ etc., suggerieren, dass die Kriminalität in direkter Weise etwas mit der Nationalität zu tun habe – während Kategorien wie „Deutschenkriminalität“ oder „weiße Dealer“ nicht auftauchen. Dadurch wird der Eindruck erweckt, „AusländerInnen“ seien in stärkerem Maße kriminell – eine Unterstellung, die durch die Hinzunahme von Statistiken noch untermauert werden soll (s. auch AP arbeitspapier – Kriminalitätsstatistik. c.5, seite 263).

Insgesamt tauchen Flüchtlinge und MigrantInnen in den Medien vor allem im Zusammenhang mit Problemen auf – für die sie dann meist auch verantwortlich gemacht werden. Wird über Rassismus berichtet, dann hauptsächlich im Kontext von gewalttätigen Übergriffen; Berichte über alltägliche Rassismus-Erfahrungen von MigrantInnen finden sich selten. Teilweise werden stattdessen diejenigen, die sich rassistisch geäußert haben, als Tabu-BrecherInnen gelobt, Rassismus also verleugnet und ins Gegenteil verkehrt.

Auch „Positiv-Berichte“ über einzelne „integrierte“ MigrantInnen dienen oft dazu, das Problem des Rassismus herunterzuspielen, indem der Beschreibung über die freundlichen deutschen NachbarInnen etc. großer Raum zukommt. Zudem sind diese Artikel häufig in einer Art geschrieben, die bestehende Klischees und Stereotype ungebrochen bedient, und die dargestellten Personen als Besonderheit statt als selbstverständlichen Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens darstellt.

Alle diese Mittel und Methoden finden sich keineswegs nur in der Boulevardpresse wieder, sondern ebenso – mal mehr, mal weniger in unterschiedlich offener oder subtiler Weise – in der sogenannten seriösen und liberalen Presse.

Das macht deutlich, wie sehr die meisten rassistischen Bilder und Vorstellungen einem breiten gesellschaftlichen Konsens entsprechen – zu dessen Aufrechterhaltung die Medienberichterstattung einen Beitrag liefert.

Literatur:
Antirassismus-AG im Welthaus Bielefeld (1994): Presse Macht Druck. Bielefeld.
Gerhard, Ute (1992): Wenn Flüchtlinge und Einwanderer zu Asylantenfluten werden. Bochum.
Jäger, Margret et al. (1998): Von deutschen Einzeltätern und ausländischen Banden. Medien und Straftaten. Duisburg.
van Dijk,Teun A. (1991): Rassismus heute: Der Diskurs der Elite und seine Funktion für die Reproduktion des Rassismus. Duisburg.

Übersicht
A
Idee, Hintergrund, Konzeption
B.1
Jetzt geht's los!
B.2
Erfahrungen
B.3
Gesellschaft begreifen
B.4
Tu was!
B.5
Wie die Zeit verging
B.6
Themenungebundene Methoden
C.1
Von Vor- und anderen Urteilen
C.2
Antisemitismus entgegentreten
C.3
Rassismus als gesell. Verhältnis
C.4
Rassismus und Sprache
C.5
Sicherheit und Gewalt
C.6
Rechte Bilderwelten
C.7
Nation und Nationalismus
C.8
Migration
C.9
Weltarbeit und Wirtschaftswelt
C.10
Diskriminierung
D
Literatur, Medien, Adressen
E
Register, Inhalt
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