Baustein zur nicht-rassistischen Bildungsarbeit
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Thema: Migration
„A“ wie Ausreisezentrum & Abschiebehaft „Es ist wohl so, dass wir alle untätige Zeugen einer […] demokratisch abgesicherten Barbarei sind.“
AusreisezentrenAusreisezentren sind Lager für abgelehnte AsylbewerberInnen, die aufgrund fehlender Papiere nicht abgeschoben werden können. Sie werden dort zentral untergebracht, mit dem Ziel, so lange beratend auf sie einzuwirken, bis sie „freiwillig“ ausreisen, als Illegale untertauchen oder abgeschoben werden können, weil ein potentielles Herkunftsland bestätigt, dass es sich bei der jeweiligen Person um eine Staatsbürgerin dieses Landes handelt. Die ersten Ausreisezentren wurden 1998 in Betrieb genommen. Seither wurden Einrichtungen in Braunschweig, Oldenburg, Minden-Lübbecke, Ingelheim, Bramsche-Hesepe, Halberstadt und Fürth eröffnet. Den meisten der dort internierten Menschen wird unterstellt, ihre Herkunft zu verschleiern und damit die Beschaffung eines Passes (die Grundvoraussetzung für eine Abschiebung aus Deutschland) unmöglich zu machen. Sie erhalten keine materiellen Leistungen außer drei Mahlzeiten am Tag, sie stehen unter ständiger Bewachung durch Sicherheitsdienste, unterliegen einer Meldepflicht und werden regelmäßig von MitarbeiterInnen der Ausländerbehörde verhört und unter Druck gesetzt, Deutschland zu verlassen. Ihre Zimmer, sowie die Wohnungen von Freunden, werden willkürlich nach Papieren oder persönlichen Briefen durchsucht. Die Flüchtlinge dürfen weder arbeiten noch Deutschkurse besuchen. Sie werden zu gemeinnütziger Arbeit zwangsverpflichtet, wobei der Höchstlohn 1 e pro Stunde beträgt. Der ausgeübte Druck führt jedoch nur selten zur Ausreise – viel häufiger fliehen Internierte aus den Lagern in ein Leben in der Illegalität. Selbst dies wird, laut einem Zwischenbericht eines Modellversuchs in Rheinland-Pfalz, als Erfolg gewertet, da damit das Land die Unterbringungskosten für die Flüchtlinge spart. AbschiebehaftTausende von Flüchtlingen sitzen im Gefängnis. Sie leben weitgehend unter den gleichen Bedingungen wie Strafgefangene – bis zu 18 Monate lang. Doch sie sind in keiner Weise straffällig geworden. Dass die deutschen Behörden sie unter allen Umständen außer Landes schaffen wollen, gilt als ausreichende Rechtfertigung für den Entzug der Freiheit. Abschiebehaft kann bereits dann angeordnet werden, wenn der „begründete Verdacht“ besteht, dass ein Flüchtling „sich der Abschiebung entziehen will“. Diese Bestimmung ist sehr weit auslegbar. Damit sind im Prinzip alle Flüchtlinge, deren Abschiebung angeordnet wurde, von Inhaftierung bedroht. Ein in der Justizvollzugsanstalt Rottenburg (Baden-Württemberg) inhaftierter Flüchtling beschreibt seinen Alltag in der Abschiebehaft wie folgt: „In einer Zelle leben drei Gefangene auf sehr engem Raum, sie hat ein kleines Fenster, das man nicht selber aufmachen kann. […] Die Toilette ist in der Zelle. Montag, Mittwoch und Freitag sind „Duschtag“. Diese Duschen dauern höchstens zehn Minuten, danach wird das Wasser einfach abgestellt, und sie bringen dich zurück in deine Zelle. Dreimal täglich bekommst du ein bisschen zu essen […]. Jede Woche bekommst du fünf Mark Taschengeld, um etwas zu kaufen oder um zu telefonieren. […] Täglich, von 12.00 bis 12.45 Uhr und von 15.00 bis 15.45 Uhr kannst du deine Zelle verlassen und in den Gefängnishof gehen. Danach schließen sie dich wieder ein. Du bist also 22,5 Stunden eingesperrt, und du wirst wahnsinnig […].“ Die Möglichkeit, Besuch zu empfangen, ist auf wenige Stunden im Monat beschränkt, die Post wird überwacht. Die Haftbedingungen und die gleichzeitige Furcht vor Abschiebung und drohender Verfolgung im Herkunftsland haben bereits etliche Abschiebehäftlinge in den Selbstmord getrieben. Für die Zeit von Oktober 1993 bis Dezember 1996 hat Pro Asyl insgesamt 14 Selbstmorde in der Abschiebehaft gezählt. Die Zahl der versuchten Selbstmorde liegt im Dunkeln. |
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Download: C8-Ausreisezentrum.pdf |