Baustein zur nicht-rassistischen Bildungsarbeit
www.baustein.dgb-bwt.de   DGB-Bildungswerk Thüringen e.V.

C.4

Thema: Sprache
PLANUNGSHILFE

C.4 Thema: Sprache; Planungshilfe

„Das sagt man doch so!“

Rassismus in der Alltags- und Mediensprache

„Eis essen ist noch immer eine meiner Lieblingsbeschäftigungen [...]. Nur, dass ich es irgendwann nicht mehr über die Lippen brachte, den so heißgeliebten Schokoladenüberzug zu bestellen, weil es mir peinlich war, einen ‘Eisneger’ oder ‘Eismohr’ zu verlangen. Diese Bezeichnungen hat es früher nicht gegeben, sie wurden erst im Laufe der Jahre eingeführt, und sie verdarben mir den Appetit. Schließlich war ich selber schwarz, und ich kannte den Begriff ‘Neger’ nur zu gut als beleidigenden Ausdruck, an dem auch dann irgendwas nicht stimmte, wenn er gedankenlos geäußert wurde. Nein, danke, gerade beim Eisessen wollte ich keinen üblen Beigeschmack.“
May Ayim 2002

Rassismus hat viele Formen und Facetten: Sprache ist eine davon. Wir versuchen deshalb in diesem Baustein, genau zu sagen, von wem wir jeweils sprechen und politische Selbstdefinitionen von Diskriminierten zu übernehmen.

Trotzdem befinden wir uns in einem Dilemma: Um über Rassismus sprechen zu können, müssen wir die rassistischen Gruppenkonstruktionen benennen, die wir ablehnen. Jede Definition reproduziert die Einteilung von Menschen nach rassistischen Kategorien.

Wir sprechen von rassistisch Diskriminierten, wenn wir alle (in unterschiedlicher Form) durch Rassismus Ausgegrenzten oder Benachteiligten meinen. Von Flüchtlingen / Asylsuchenden, MigrantInnen aus EU-Ländern, MigrantInnen aus Nicht-EU-Staaten oder Menschen mit deutschem Pass reden wir, wenn die unterschiedlichen rechtlichen Status und Hierarchien – beispielsweise bei der Besetzung von Stellen – wichtig sind. MigrantInnen sind Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen in die BRD (oder ein anderes Land) eingewandert sind und hier dauerhaft oder vorübergehend, ausschließlich oder ab und zu leben.

Die Formulierung Menschen mit Migrationshintergrund bezieht die hier geborenen Kinder von MigrantInnen mit ein. Ob und auf welche Art dieser Hintergrund für sie eine Rolle spielt, bleibt dabei offen.

Menschen, die in die BRD geflohen sind – egal ob aus wirtschaftlicher Not, vor politischer, geschlechtsspezifischer, homophober, rassistischer oder religiöser Verfolgung, vor Krieg oder Bürgerkrieg – sind Flüchtlinge.

Die Selbstbezeichnung Schwarze Deutsche haben wir von Menschen, die sich als solche definieren, übernommen. Ansonsten reden wir von »schwarz« und »weiß«, wenn es um Rassismus geht, der sich an der Hautfarbe festmacht.

Als Mehrheitsdeutsche bezeichnen wir die Angehörigen der weißen christlich geprägten Bevölkerungsmehrheit in der BRD mit deutschem Pass.

In diesem Kapitel findet ihr Vorschläge, wie ihr im Seminar benutzte Formulierungen und (Selbst-)bezeichnungen zum Thema machen könnt.

Ziele

Sprache spielt in unseren Seminaren, wie auch in der Gesellschaft, eine entscheidende Rolle: Sie ist wesentlicher Bestandteil unserer Kommunikation. Gleichzeitig strukturiert sie unser Denken und gibt diesem einen wesentlichen Ausdruck. Sprache ist damit immer auch Produkt sowie Spiegel unserer Gesellschaft. Das kann in einer rassistisch, sexistisch, antisemitisch … geprägten Gesellschaft nur heißen, dass auch unsere Sprache von Rassismus, Sexismus, Antisemitismus … durchzogen ist.

Beispiele dafür werden wir in unseren Seminaren genügend finden. Neben bewusst diskriminierende Äußerungen treten eher unbewusste: Zum einen fällt uns Rassismus in der Sprache oft gar nicht (mehr) auf, weil er selbstverständlicher Bestandteil der Alltagssprache ist (wie z.B. „schwarzfahren“), zum anderen ist uns der diskriminierende Gehalt (die „geheime Botschaft“) von bestimmten Formulierungen teilweise überhaupt nicht bewusst, weil wir die ursprüngliche Bedeutung und die Begriffsgeschichte nicht kennen.

In diesem Kapitel geht es um Vorschläge, wie Sprache als Trägerin von diskriminierendem Denken thematisiert werden kann, abseits von einer direkten Reaktion auf im Seminar auftretende rassistische oder antisemitische Redewendungen ( KONZEPTReaktionsmöglichkeiten. A, Seite 21 ).

Ziel ist dabei die Sensibilisierung für die Rolle von Sprache, für Entstehung, Bedeutung, Funktion und Wirkung von Begriffen. Wir beziehen uns dabei auf die Alltags- wie auch die Mediensprache. Sensibilisierung heißt in diesem Kontext für uns vor allem auch Sensibilisierung für die eigene Verstricktheit: Es geht nicht darum, einzelne TeilnehmerInnen zu „entlarven“, sondern die Alltagssprache der Gesellschaft, die zu unserer Sozialisation gehört. Die Erkenntnis darüber kann erst die Grundlage für eine bewusste Veränderung sein.

Was und wie? Inhalte und Methoden

Hintergrundtexte:

Folgende Aktivitäten helfen, Rassismus in der Alltagssprache zu erkennen:

Verschiedene Formen von Diskriminierung in der Alltagssprache können mit dieser Aktivität zum Thema gemacht werden:

Auf rassistische Ausdrücke reagieren, kann man mit dem:

Für einen Einstieg in die kritische Medienanalyse sowie die Thematisierung von Rassismus in den Medien eignet sich:

Einen erweiterten Blick auf Zeitungsnachrichten wirft:

Übersicht
A
Idee, Hintergrund, Konzeption
B.1
Jetzt geht's los!
B.2
Erfahrungen
B.3
Gesellschaft begreifen
B.4
Tu was!
B.5
Wie die Zeit verging
B.6
Themenungebundene Methoden
C.1
Von Vor- und anderen Urteilen
C.2
Antisemitismus entgegentreten
C.3
Rassismus als gesell. Verhältnis
C.4
Rassismus und Sprache
C.5
Sicherheit und Gewalt
C.6
Rechte Bilderwelten
C.7
Nation und Nationalismus
C.8
Migration
C.9
Weltarbeit und Wirtschaftswelt
C.10
Diskriminierung
D
Literatur, Medien, Adressen
E
Register, Inhalt
  Download: PDF C4-SagtManSo.pdf