Baustein zur nicht-rassistischen Bildungsarbeit
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Thema: Arbeit global
„WTO, IWF und KKK – RHP, USW, LMAA?“ Kleines Lexikon der Globalisierung In der Auseinandersetzung um die Globalisierung tauchen immer wieder Abkürzungen auf, hinter denen sich einflussreiche Institutionen und Abkommen verbergen. Auch Deutschland nutzt diese Organisationen zur Durchsetzung seiner weltweiten Interessen, andererseits beeinflussen und verändern dort getroffene Entscheidungen zunehmend das alltägliche Leben auch in den Industrienationen. Wir haben versucht, die sprachlichen Ungeheuer für euch etwas näher zu beleuchten. GATT
Das GATT geht zurück auf die Bemühungen um eine Liberalisierung des Welthandels seit 1941, die auch im Gründungspapier der UNO von 1945 formuliert sind. Am 30. 10. 1947 wurden die handelspolitischen Abschnitte der sog. Havanna-Charta als GATT von 23 Staaten angenommen, zugleich mit einem Vertragswerk über gegenseitige Zollherabsetzungen und Zollbindungen. Am 1. 1. 1948 trat das GATT in Kraft. Formal ist das GATT lediglich ein multilaterales Handelsabkommen, es hat jedoch den Rang einer autonomen internationalen Organisation gewonnen und gehört zu den Sonderorganisationen der UN. Der Eintritt der Bundesrepublik Deutschland erfolgte am 1. Oktober 1951. 1986 begann mit der achten Verhandlungsrunde vom GATT in Uruguay ein neues Kapitel in der Liberalisierung der globalen Märkte, nun wurden fast alle Bereiche des Handels miteinbezogen. Dazu zählten Gesetze zur Lebensmittelreinheit, zu Produktnormen, Regeln über den Umgang mit Steuergeldern, Investitionspolitik und noch andere nationale Gesetze, die Auswirkungen auf den Handel haben. Bis 1993 waren die Verhandlungen der 125 Mitgliedsstaaten abgeschlossen. < WTO
Die Welthandelsorganisation WTO wurde am 1. 1. 1995 gegründet. Während das GATT eine Art Geschäftsvertrag zwischen Staaten war, erhielt die WTO den Status einer „legalen Persönlichkeit“ ähnlich der UNO. Sie hat damit das Recht, völkerrechtlich verbindliche Regeln für den internationalen Handelsverkehr zu errichten, die über nationalem Recht stehen. Gegenwärtig hat die WTO 144 Mitglieder, ihren Sitz hat sie in Genf. An der Spitze der WTO steht die Ministerkonferenz, die mindestens alle zwei Jahre tagt. In der Zwischenzeit nimmt der Allgemeine Rat der WTO alle anfallenden Aufgaben wahr, er hat auch richterliche Befugnisse in Streitfällen zwischen Mitgliedern. Darunter gibt es weitere Gliederungen für bestimmte Bereiche wie Waren oder Dienstleistungen. Alle Beschlüsse werden im Konsens getroffen, doch wurden wiederholt wichtige Entscheidungen von den reichen Ländern – voran die Gruppe EU, USA, Kanada, Japan – unter Ausschluss der übrigen WTO-Staaten in sog. „informellen Treffen“ gefällt; zudem können es sich viele Länder finanziell nicht leisten, alle Ausschüsse mit Vertretern zu beschicken. Wichtigste Grundlage der WTO ist das sog. Meistbegünstigungsgebot (MFN = most-favoured-nation clause), demzufolge ein Mitgliedsland der WTO alle Handelspartner der Organisation gleich behandeln muss, also importierte und auf dem heimischen Markt erzeugte Produkte gleiche Bedingungen bekommen müssen. Bei Dienstleistungen sind derzeit noch Ausnahmen möglich, doch ist der völlige Abbau von Handelsbarrieren das erklärte Ziel für die Gründung der WTO gewesen und ist Leitlinie ihrer Politik. WTO-Tribunale tagen nicht öffentlich. Dokumente und Verhandlungen sind vertraulich, was eine demokratische Kontrolle unmöglich macht. Nur Regierungen dürfen teilnehmen, wenn z. B. das Gesetz eines Bundeslandes zur Diskussion steht. Gegen Entscheidungen kann von anderen keine Berufung eingelegt werden. Die WTO-Richter beurteilen auch Umwelt- und Entwicklungsfragen fast ausschließlich auf der Grundlage der WTO-Handelsregeln, so dass der Umwelt-, Gesundheits- und Arbeitsschutz leicht unter die Räder gerät. GATS
Eingerichtet wurde das GATS 1994, seit ihrer Gründung 1995 verwaltet die WTO das GATS als eines von 20 Handelsabkommen. Im Februar 2000 begannen die Verhandlungen über die weltweite Liberalisierung von Dienstleistungen, bis 2005 sollen die GATS-Verhandlungen abgeschlossen sein. Zum März 2003 sollten alle WTO-Mitglieder eine Liste vorlegen, welche Dienstleistungsmärkte sie öffnen. Die Palette reicht von der Energie- und Wasserversorgung über medizinische und soziale Dienste, Post- und Telekommunikation, Banken und Versicherungen, den Personennahverkehr bis hin zu Bildungs- und Kultureinrichtungen. Der gesamte Bereich der öffentlichen Versorgung wie Krankenhäuser, Schulen, Universitäten, aber auch Gefängnisse, sollen zu einem internationalen Markt gemacht werden, in dem keine Möglichkeiten bestehen, verbindliche arbeitsrechtliche oder ökologische Standards festzulegen. Lang-fristige Folgen sind steigende Preise, Versorgungsengpässe, sinkende Löhne, abnehmende Qualität und Sicherheit, eine Zwei- oder Mehr-Klassen-Gesellschaft. Zudem werden sich private Anbieter nur die Rosinen aus dem Kuchen picken. Besonders die „Entwicklungsländer“ können sich gegen die Begehrlichkeiten großer Unternehmen kaum wehren. TRIPs
Das TRIPs ist ebenfalls einer der 20 Verträge, die mit dem Beitritt zur WTO akzeptiert werden. Bei den Verhandlungen zum TRIPs wurde der Interessengegensatz zwischen Industrie- und Entwicklungsländern besonders deutlich. Ziel des TRIPs ist es, geistiges Eigentum weltweit zu schützen und durchzusetzen. In diesen Bereich fallen Patente, Handelsmarken, geografische Herkunftsangaben, Urheberrechte, Verleihrechte, Computerprogramme, Datenbanken etc. Die extrem ungleichen Ausgangsbedingungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern haben für die Ärmsten der Welt einschneidende Auswirkungen, während vor allem multinationale Konzerne vom weltweiten Schutz ihrer Patentrechte profitieren werden. So werden beispielsweise im Bereich der medizinischen Versorgung die Rechte großer Pharmakonzerne geschützt. Preiswerte Kopien lebenswichtiger Medikamente werden vom Markt verschwinden. Dies führt zu einer Erhöhung der Preise für Medikamente, so dass die Zahl der Menschen, die von einer gesundheitlichen Versorgung ausgeschlossen sind, weiter ansteigt. Umgekehrt sind die Entwicklungsländer nicht in der Lage, die zahlreichen Heilpflanzen und -methoden effektiv zu schützen, denn erstens existiert in den meisten Ländern kein vergleichbares Patentsystem mit entsprechenden Behörden wie in den Industrienationen, und zweitens handelt es sich häufig um traditionelles und kollektives Wissen, und nicht um Leistungen individueller Erfinder, die ihre Erfindungen nach Kriterien westlicher Wissenschaft objektiv darlegen können. Die katastrophalen Folgen für die weltweite medizinische Versorgung, aber auch die Auswirkungen auf die Nahrungsmittelversorgung durch die Patentierung genetischen Pflanzenmaterials durch westliche Unternehmen sind in ihrer ganzen Tragweite heute noch kaum absehbar. IWF
Der Internationale Währungsfonds IWF soll dafür sorgen, dass die internationalen Währungs- und Finanzsysteme weltweit funktionieren und bei einer Währungskrise in einem Land nicht die ganze Region mitgerissen wird. Zu diesem Zweck werden Kredite vergeben. Neben der WTO ist der Internationale Währungsfond die zweite Säule einer liberalisierten Weltwirtschaft. Der Internationale Währungsfonds wurde 1945 von 29 Staaten zeitgleich mit der Weltbank ins Leben gerufen. Im IWF sind zwar fast alle derzeit 184 Staaten mit Stimmrecht vertreten, das Sagen haben jedoch die Geldgeber. Denn im Gegensatz zur UNO, in der jedes Land eine Stimme hat, berechnen sich die Stimmanteile nach der Größe des Beitrages. So verfügt die G 7, die Gruppe der sieben reichsten Länder der Welt, darunter auch Deutschland, insgesamt über 45 Prozent der Stimmen. Genug, um ihre Interessen durchzusetzen. Deutschland, die USA, Japan, Frankreich und Großbritannien verfügen zudem über eigene Exekutivdirektoren, die auch die nationalen Interessen innerhalb der Organisation vertreten. Zur Stützung des Finanzsystems vergibt der IWF sowohl kurzfristige Kredite als auch längerfristige Entwicklungskredite. Diese Kredite sind jedoch mit Auflagen verknüpft, deren Prämisse Privatisierung und Liberalisierung sind. Für die Menschen in den Kredit nehmenden Ländern führen diese Auflagen zu Arbeitslosigkeit, niedrigeren Löhnen sowie dem Abbau von ArbeitnehmerInnenrechten und sozialen Errungenschaften. Weltbank
Die Weltbank wurde 1944 gegründet und hat derzeit 177 Mitgliedsländer. Sie vergibt Großkredite für infrastrukturelle Projekte, wie Staudämme, Stromkraftwerke und Straßen, an Länder der Dritten Welt. Ein interner Bericht der Weltbank bestätigt, dass bis 1991 mehr als zwei Millionen Menschen zwangsumgesiedelt wurden, um Platz zu machen für von der Weltbank geförderte Projekte. Seit 1980 ist die Kreditvergabe vermehrt an Strukturanpassungsmaßnahmen (SAP) gekoppelt. Mit der Kreditnahme verpflichten sich die Länder, die Staatsausgaben zu reduzieren, was in der Folge eine drastische Verschlechterung im Gesundheits- und Bildungssystem nach sich zieht. So fielen beispielsweise in Simbabwe die Pro-Kopf-Ausgaben für die Gesundheitsversorgung um ein Drittel, nachdem 1990 eine SAP des IWF eingeführt wurde, was beispielsweise die Ausbreitung von AIDS beschleunigte. Auch die Privatisierung von Staatsbetrieben wird in den SAP festgeschrieben. Die großen Krisen in Asien und Südamerika haben dazu geführt, dass Weltbank und IWF selbst zugeben mussten, dass die SAP nicht die propagierte Wirkung gezeigt haben, sondern Elend und Leid von Millionen von Menschen verschlimmert haben. |
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Download: C9-WTOIWFKKK.pdf |